2020 war ein schwieriges Jahr für alle, die gerne reisen. Im Frühling kam die Hiobsbotschaft: “Ein gefährliches Virus breitet sich aus, die Grenzen werden geschlossen!“ Keiner hätte gedacht, dass so etwas möglich ist. Glück für alle, die nicht im Ausland waren und auch noch keine Ferien gebucht haben. Für alle anderen hiess es erstmal, Reise abbrechen und Nachhause bzw. stornieren.
Dennoch: Die Hoffnung war gross, als vor den Sommerferien die Grenzen und Massnahmen ein wenig gelockert wurden. Das Reiseherz flammte auf, machte neue Pläne und war nahe am buchen. Die Sehnsucht war riesig! Dann abermals der harte Schlag…
Quarantäne nach Rückkehr aus gewissen Ländern und die Bestimmungen, welche Länder zu der Liste gehören, änderten beinahe wöchentlich! Wie soll man da etwas planen?!
Mir war das Risiko zu gross und ich wartete ab. Ich hatte sowieso keine Ferien, dafür freute ich mich auf den Dezember. Fast 3 Wochen! Ich stellte mir vor, wie schon oft in die Wärme zu fliegen. Sonne, Strand und Meer! Endlich wieder surfen…
Die Zeit verging, das Virus nicht. Mittlerweile war es Herbst und Europa befand sich mitten in der zweiten Welle. Die Zahlen stiegen wieder und die Spitäler füllten sich. Die Nachbarländer gingen von einem Lockdown in den nächsten und teilweise konnten wir von der Schweiz aus in kaum ein Land einreisen bzw. nur mit sehr harten Bedingungen. Die Schweiz wurde selber zum Risikoland. Ich konnte meine Ferienträume abermals begraben.
Einfach zuhause hocken und Trübsal blasen ist nicht so mein Ding, also überlegte ich mir für das Coronajahr 2020 eine Alternative… Leider war ich nicht die einzige mit dieser Idee.

“Machen Sie Ferien in der Schweiz!“ Predigte unser Bundesrat Ueli Maurer im Frühling.
Ja Herr Maurer, das ist doch eine super Sache! Die Schweiz bietet eigentlich alles was man braucht für schöne Ferien. Nur was ist, wenn das die ganze Schweiz gleichzeitig macht?


Ich bin ein Fan von Kurztrips. 4 Tage ab ins Tessin? Bin ich dabei! Camping? Logo! Ausbrechen aus dem Alltag, mit Freunden die Zeit geniessen. Ja das machen wir!
Auf der Suche nach einem Schlafplatz, dann die Ernüchterung. Alles ausgebucht seit Wochen! Nichts mit spontanem Campen und es war nicht einmal Hauptsaison. Na danke, dachte ich mir. Bleib ich halt wieder daheim.
Ich habe das Glück im Engadin zu leben, so verbrachte ich auch die meiste Zeit des Jahres im Tal. Ich habe hier alles, was ich brauche. Mountainbiken, Wandern und Kitesurfen, die schönste Zeit für mich. Abends grillieren und mit Freunden ein Bierchen trinken, eine nette Abwechslung. Aber auch hier habe ich Uelis Predigt gespürt. Es war rappelvoll! Gefühlt war die halbe Schweiz in Graubünden. Wildcamper überall. Kiten in Silvaplana? Nur Schirm an Schirm möglich. Der Wanderweg wurde zum “Grüeziweg“. Dies zeigte sich auch Ende Jahr an den Tourismus zahlen. Graubünden war die einzige Tourismusdestination der Schweiz mit Gewinn. Ich freue mich für die Region, ich arbeite selber in der Tourismusbranche, aber es kann schon auch anstrengend sein. Ich weiss zum Glück, wie ich den grossen Touristenmassen ein wenig aus dem Weg gehen kann. So hatte ich doch auch den einen oder anderen Trail für mich.


Das Jungfraujoch war glaube ich die Attraktion der Schweizer dieses Jahres. Ich habe es mir auch nicht nehmen lassen und besuchte das “Top of Europe“, ebenfalls mit tausenden anderen Schweizern. Der Vergleich zum letzten Mal war heftig. Keine Asiaten, kein Englisch, man hörte aus allen Ecken schweizerdeutsch. Erst ein Jahr zuvor war ich ein Exot als Schweizerin auf dem Jungfraujoch, 2020 war man als Asiate ein Seltenheit. Witzig wie sich alles ändert.

Dennoch, mein Reiseherz blutete, es wollte mehr. Abenteuer, fremde Kulturen, einfach raus in die weite Welt!
Nach dem der erste Camping Versuch scheiterte, versuchten wir es Ende September noch einmal. Es ging nach Locarno für 4 Tage. Wir hatten eine super Zeit und ich genoss jede Sekunde auch wenn es kalt, regnerisch und stürmisch war. Es ist einfach das Feeling, das es ausmacht, da ist es egal unter welchen Bedingungen. Das Problem war nur: Es stillte meine Reiselust nicht, stattdessen wollte ich jetzt noch mehr.


Als dann klar war, dass es im Dezember ebenfalls nichts mit einer Auslandsreise wird, habe ich mich endgültig damit abgefunden. Aber wieder die ganze Zeit im Engadin verbringen wollte ich auch nicht. Also beschloss ich mit meinem Freund, per Zug nach Basel-Stadt zu reisen.
Wir wollten uns die Stadt anschauen. Leider waren auch hier alle Restaurants geschlossen. Das war für uns jedoch nicht so schlimm, da wir ja Essen bestellen konnten. Jeden Abend liessen wir uns kulinarisch neu verwöhnen. Von türkisch, tibetisch bis indisch war alles dabei. Wenigstens unsere Mägen reisten in ferne Länder. Von Basel aus, haben wir dann die Kantonshauptstätte Delémont und Solothurn besucht. Vor allem die Altstadt von Solothurn hat mich schwer beeindruckt! Nachdem wir unsere kleine Städtereise beendet hatten, gingen wir zurück ins Engadin und den Rest der Ferien verbrachte ich mit Langlaufen und Schneeschuhtouren. Das schöne war, ich hatte sehr viel Zeit für anstehende Aufgaben die ich sonst immer vor mich herschiebe.




Abschliessend muss ich sagen hatte das Coronajahr 2020 nicht nur Schlechtes, sondern auch viele schöne Seiten. Seiten die ich sonst ohne diesen Virus nie gesehen hätte. Es ist schön wie die Schweizer auch Ferien im Land geniessen können. Auch ich muss mich an meiner eigenen Nase nehmen. Ich wäre sonst jeden Ferientag wahrscheinlich im Ausland gewesen und hätte von unserer schönen Schweiz nicht viel gesehen. So habe ich die Zeit genutzt um mein “Zuhause“ neu zu entdecken. Dennoch hoffe ich schnell auf eine Verbesserung der Lage und freue mich auf ein möglichst normales 2021, in dem ich wieder viel erleben werde und meine Reiselust stillen kann.
